«Die Geheimsprache der Noten»

Vortrag von Kantor Eugenio Giovine

in der ref. Kirche

Die Geheimsprache der Noten 

Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Noten – keine Linien, keine Notenköpfe, kein schriftliches System. Sie laufen durch die Strassen und haben plötzlich diese wunderschöne Melodie im Kopf. Sie ist beschwingt und aufbauend und absolut einzigartig. Doch wie würden Sie diese Tonfolge nun festhalten? Glücklicherweise ist sie so eingängig, dass man sie problemlos vorsingen kann… Aber lange wird sich diese Melodie wohl nicht in den Köpfen halten können, oder?  
Vor diesem Problem standen die Musiker noch im 9. Jahrhundert. Musik fiel der Vergessenheit zum Opfer und nur wenigen Musikern gelang es, ihre Werke der Nachwelt zu überliefern. Einer von ihnen ist Hrabanus Maurus. Sein bekannter Hymmnus «Veni Creator Spiritu» aus dem Jahr 809 stammt aus einer Zeit ohne schriftliche Notenabfolge, ohne konkrete Verbindlichkeit in Rhythmus und Melodie. Heute lesen wir dieses Musikstück als Lied unter Nummer 500 im Kirchgesangbuch – Wir können die Musik lesen. Bis dahin war es ein weiter Weg. Rückblickend ein wahnsinnig spannender Weg, der verschiedene Systeme und Schriftbilder aufzeigt. Die einzelnen Musikepochen haben immer wieder neue Ideen gefunden, ihre Musik zu visualisieren und fortlaufend andere Notationen entwickelt. Verschiedene Schreibweisen wurden durchexerziert und lassen uns heute staunend vor musikalischen Sprachbildern stehen, wie vor Gemälden in Kunstgalerien. Aus heutiger Sicht erscheinen sie wie Geheimschriften, hinter denen sich eine Klangabfolge verbirgt, die es zu entschlüsseln gilt. 
Wir möchten Sie herzlich einladen auf eine musikalische Zeitreise. Man muss weder Musiker oder Musikerin sein, noch Notenlesen können. Interesse reicht um den Entstehungsweg der Musiksprache mitzugehen, um Musik einmal nicht zu hören, sondern vor allem zu sehen.